22. Oktober 2023 / Politik

Stellungnahme zur Migrationspolitik

Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen

Es folgt eine Stellungnahme der Fraktionsvorsitzenden Bündnis 90/Die Grünen:

Ist die Migrationspolitik tatsächlich die Ursache für alle unsere Probleme?

Sind 100-Tausende Menschen, die vor Kriegen in ihrer Heimat fliehen, schuld an einer international schwächelnden Wirtschaftslage, die insbesondere Deutschland als viertstärkste Exportnation der Welt besonders hart trifft? Sind diese hilfesuchenden Menschen aus wirtschaftlich abgehängten und CO2-irrelavanten Regionen ebenso verantwortlich für den massiv voranschreitenden Klimawandel? Sind diese Menschen, die alles auf eine Karte setzen, um nicht elendig zu verrecken, tatsächlich das Übel, an dem unsere Gesellschaft zu ersticken scheint oder reden wir im Rahmen von Wirtschaftszyklen völlig normalen Szenarien und in Angesicht multipler Krisen (Energiepreise, Krieg in der Ukraine, Inflation, Angriff auf Israel, Klimakrise, …) von verständlichen Schwächephasen, die europäischen Nachbarn zudem helfen, gegenüber der deutschen Wirtschaft aufzuholen und ihr somit wiederum Rückenwind zu verleihen? Sind es nicht vielmehr die Waffen u.a. westlicher Industriestaaten, die als Machtinstrumente in labilen Regionen dieser Welt in autokratisch regierten Staaten für gigantische Flüchtlingsströme sorgen, für die man keine Lösungen im Rahmen geltender Gesetze findet? In einem Land mit über 84 Millionen Einwohnern alles Übel auf eine Minderheit abzuladen, um daraus politisch Kapital zu schlagen, ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch sachlich falsch. Deutsche Unternehmen suchen händeringend Fachkräfte. Dabei ist offensichtlich nicht entscheidend, wo sie herkommen oder welche Sprache sie sprechen, sondern vielmehr, ob sie bereit sind, Leistung zu bringen. Abgeben und Schwächere unterstützen ist ehrbar, christlich und hilft nicht nur, um vom eigenen hohen Ross herabzusteigen, sondern liefert auch den Schlüssel zum Erfolg, die Welt ein Stück gerechter und friedlicher zu machen. Es ist sicherlich erforderlich, in der Migrationspolitik parteiübergreifend Lösungen zu erarbeiten, es ist aber fatal, angesichts weitaus größerer Krisen den Fokus ausschließlich auf eine kleine wehrlose Minderheit ohne Lobby zu legen, denn dies lenkt allenfalls von großen Problemen ab und spielt Mächten in die Karten, die genau nur das im Sinn haben: etablierte und die Demokratie stützende Parteien für die eigenen Ziele vor sich herzutreiben. Im Übrigen sollte nicht vergessen werden, dass Asylfragen letztlich nur innerhalb der Europäischen Union gemeinsam mit den Nachbarn final beantwortet werden können – eine nach dramatischen Weltkriegen mühsam und langwierig gegründete Gemeinschaft, welche allein die AfD in ihren Befugnissen maximal einschränken, am liebsten sogar auflösen möchte.   

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