In Beckum gibt es Geschichten, die von der Eigenart und Kreativität der Bürger zeugen. Eine davon ist der Versuch, das Tageslicht einzufangen und ins Rathaus zu bringen.
Am Ratstag, als sich alle Bürger im finsteren Rathaus versammelten, brachte jeder einen angezündeten Lichtspan mit. Sie setzten sich und begannen, verschiedene Vorschläge die Lösung ihres Problems. Sie waren sich schon fast einig, das Rathaus neuzubauen. Doch während die Meinungen hin- und hergingen, kam ein Bürger auf eine ungewöhnliche Idee: „Wer weiß, ob man das Licht und den Tag nicht in einem Sack tragen könnte, so wie man Wasser in einem Eimer trägt?“
Die Bürger waren begeistert und beschlossen, den Versuch zu wagen. Am Mittag, als die Sonne am höchsten stand, versammelten sie sich vor dem neuen Rathaus, bewaffnet mit allerlei Gefäßen und Werkzeugen – Säcken, Töpfen, Kesseln, Mistgabeln und sogar einer Mausefalle. Jeder war fest entschlossen, das Sonnenlicht einzufangen und ins Innere zu bringen.
Mit großem Eifer und Ernst machten sie sich ans Werk. Sie ließen die Sonne in Säcke scheinen und knüpften sie dann zu, trugen sie ins Haus und schütteten das vermeintliche Tageslicht aus. Einige benutzten Schaufeln und Heugabeln, andere gruben das Licht aus der Erde hervor. Doch trotz all ihrer Bemühungen und der Hitze, die sie fast erschöpfte, mussten sie schließlich einsehen, dass ihr Plan nicht aufging.
„Nun, es wäre doch eine feine Kunst gewesen, wenn es geraten wäre,“ beendeten sie ihr Tun. Und der Tag ging nicht erfolglos zu Ende, denn für ihre Mühe durften die Helfer auf Kosten der Gemeinde ins Wirtshaus gehen, um sich zu erfrischen und zu erholen.
>> Unsere Beckumer Anschläge: Der Rathausbau, Teil 2
>> Unsere Beckumer Anschläge: Der Rathausbau, Teil 1
>> Unsere Beckumer Anschläge: Einleitung
Bild: Beckumer Anschläge, 3. Aufl., Werl: Stein, 1879, S. 24