15. Juli 2024 / Lokales

Expertenrat nach Hundeangriff in Beckum

Tipps für Hundebesitzer und besorgte Bürger

Nach dem tragischen Hundeangriff letzte Woche in Beckum sind bei uns Anfragen von besorgten Hundehaltern sowie Bürgerinnen und Bürgern eingegangen. Viele fragen sich, wie sie sich in Zukunft verhalten sollen. Da wir selbst keine Experten sind, aber die Sorgen ernst nehmen, haben wir Frau Dr. Lara Steinhoff, Tierärztin mit Zusatzbezeichnung Verhaltenstherapie und Inhaberin der Pfoten-Werkstatt, um wertvolle Tipps gebeten. Hier sind ihre Empfehlungen:

Wie sieht die Maulkorb- und Leinenpflicht bei uns aus?

Nach dem Landeshundegesetz NRW (LHundG NRW) sind alle Hunde, egal welcher Rasse oder Größe, „so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht.“ Eine Leinenpflicht besteht u. a. in Fußgängerzonen, an Kinderspielplätzen, Schulen, Kindergärten und Orten mit hohem Publikumsverkehr. Dabei ist zu beachten, dass die Leine zur Vermeidung von Gefahren geeignet sein muss, also z. B. eine angemessene Länge haben muss und der Mensch das Handling der Leine beherrschen sollte. Außerdem sollte das Material regelmäßig auf Verschleiß hin überprüft werden. Außerhalb bebauter Ortsteile dürfen Hunde in Beckum ohne Leine laufen. 

Eine Ausnahme besteht jedoch nach dem LHundG NRW bei bestimmten Rassen, wie z. B. American Staffordshire Terrier, sowie bei im Einzelfall als gefährlich eingestuften Hunden. Diese Hunde müssen außerhalb des eigenen, ausbruchsicher eingefriedeten Grundstücks immer an der Leine geführt werden sowie ab dem 6. Lebensmonat einen Maulkorb tragen. Im Rahmen einer Verhaltensprüfung durch die zuständige Behörde kann allerdings nachgewiesen werden, dass vom Hund keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht und somit eine Befreiung von der Leinen- und Maulkorb-Pflicht erreicht werden. Diese Befreiung gilt aber nicht für die oben erwähnten Orte, wie z. B. Fußgängerzonen. 

Welche Konsequenzen hat die Frau/der Hund nach dem Angriff zu befürchten?

Nach den vorliegenden Informationen wurde in mehreren Punkten gegen das geltende Landeshundegesetz verstoßen. Es handelt sich hierbei um Ordnungswidrigkeiten, die mit einer Geldbuße (bis zu 100.000€) geahndet werden, wobei die Höhe im Einzelfall festgelegt wird. 
Um eine weitere Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden, hat die zuständige Behörde auf Basis des LHundG NRW verschiedene Möglichkeiten, die im Einzelfall geprüft werden. Neben der Anordnung einer Leinen- und Maulkorbpflicht sowie einer ausbruchsicheren Einfriedung des Grundstücks besteht bei einem Verstoß gegen das LHundG NRW unter anderem die Option, das Halten großer Hunde oder gefährlicher Hunde zu untersagen. Der Hund könnte in diesem Fall an eine geeignete Person abgegeben werden. In sehr seltenen Fällen darf ein Hund eingeschläfert werden, sofern eine Abwendung der Gefahr auf keinem anderen Weg erreicht werden kann. 

Wie verhalte ich mich richtig, wenn ein freilaufender Hund auf mich zusteuert?

Sollte Ihnen ein unbekannter, freilaufender Hund ohne Begleitung seines Halters begegnen, können einige Verhaltensweisen die Situation grundsätzlich entspannen:

  • Ein insgesamt ruhiges Verhalten – hektische Bewegungen, Rennen und Schreien sollten vermieden werden
  • Wenden Sie ihren Körper und Ihren Blick vom Hund ab – schauen Sie in eine andere Richtung und vermeiden Sie ein Anstarren des Hundes
  • Bewegen Sie sich langsam und ruhig aus der Situation heraus
  • Auch wenn der Hund sehr freundlich wirkt, sollten unbekannte Hunde nicht ohne Rücksprache mit dem Halter gestreichelt werden – viele Hunde sind zwar freundlich gesinnt, mögen aber weniger gerne von fremden Menschen gestreichelt werden. Grundsätzlich kann ein nach vorne Beugen oder ein Streicheln von oben über den Kopf auf Hunde bedrohlich wirken.

Welche wichtigen Infos können Sie uns noch mitgeben, die wichtig für unsere Leserinnen und Leser sind?

In den allermeisten Fällen sind entgegenkommende Hunde freundlich gesinnt oder nicht weiter an Passanten interessiert. Beißvorfälle, wie zuletzt am 5. Juli in der Beckumer Innenstadt sind gemessen an der Gesamtzahl aller Hunde glücklicherweise äußerst selten, wenngleich – insbesondere bei Nicht-Hundehaltern – aktuell ein mulmiges Gefühl bei freilaufenden Hunden nachvollziehbar ist. Neben den gesetzlichen Bestimmungen zur Leinenpflicht sollte es daher zum selbstverständlichen höflichen Miteinander gehören, seinen eigenen Hund zu sich zu rufen und bei sich zu halten, wenn Passanten entgegenkommen.
Dass der aktuelle Beißvorfall bei vielen Menschen Angst auslöst, ist sehr verständlich. Dennoch sollten bestimmte Hunderassen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse entscheidet nicht pauschal darüber, ob ein Hund Menschen zugewandt oder aber ängstlich oder aggressiv ist. Das Verhalten eines Hundes wird vielmehr individuell geprägt durch seine Aufzucht, seine Gesundheit, sein Lebensumfeld, Training und Lernerlebnisse. 

Wir hoffen, dass die von Frau Dr. Lara Steinhoff bereitgestellten Informationen und Tipps helfen, sich sicherer zu fühlen und das Miteinander von Mensch und Hund in unserer Stadt zu verbessern.

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